2018-07-20  Neustadt a.d.W → Hößlinsülz

64ter TagAbfahrt08:38Distanz117,33kmHm ↑898m
52te EtappeAnkunft16:44Insgesamt5513,07kmHm ↓822m

Ich hatte mich mit der Planung der Route außerordentlich schwer getan. So richtig wollte keine Variante passen, die (trotz aller manueller Eingriffe) OSMAND für mich berechnete. Zum Schluss erstellte ich drei Teilstücke mit unterschiedlichen Einstellungen und kombinierte zum Schluss die GPX-Dateien mit einem Texteditor zu einer einzigen Datei. Was für ein Aufwand! Und trotzdem bin ich gegen Ende der Strecke fast verzweifelt. Außerdem war es den ganz Tag über drückend heiß.

Im Hotel Palatina in Neustadt gab es ein ausgezeichnetes Frühstück - sogar schon um 7:00. Und es gab richtig große Müesli-Schüsseln. Radfahrer-Herz was willst du mehr. Gut gestärkt brach ich also gegen 8:20 auf. Es ging auf (mutmaßlich) kleinen Straßen nach Speyer. Leider waren diese kleinen Straßen weder besonders klein, noch besonders schwach befahren. Die Rheinebene war landschaftlich nicht besonders ansprechend: platt, stark besiedelt, viel Industrie, der Rest langweiliges Agrarland. Erst kurz vor Speyer kam ich ein großes Waldgebiet. Dort gab es endlich auch ein bisschen Schatten. Denn schon am Vormittag war es in der Rheinebene ziemlich warm und die Sonne brannte herunter.

In Speyer angekommen nahm ich mir die Zeit für einen kleinen Rundgang durch die Altstadt

Altstadt von Speyer

und eine kurze Besichtigung des berühmten Doms. Die Stadt machte einen sympathischen Eindruck auf mich. Hier würde ich gerne nochmal herkommen mit ein paar Tagen Zeit. Der Dom war auch sehr interessant. Der größte romanische Bau der Welt.

Dom von außen

Natürlich Weltkulturerbe. Der Dom ist nicht nur außergewöhnlich groß, sondern auch (für einen romanischen Bau) sehr licht.

Dom von innen

Ich hatte den Eindruck, bei seinem Bau lag die Gotik schon in der Luft.

Nach der Stippvisite in Speyer überquerte ich den Rhein,

Rhein

den ich überraschend schmal fand. Dann ging es weiter Richtung Osten nach Heilbronn. Ich war erstaunt, wie lange es rechtsrheinisch noch dauerte, bis ich den Rand der Ebene endlich erreicht hatte. Erst bei Malsch kamen die ersten Steigungen. Kurz vorher in Sankt-Leon-Rot kehrte ich noch bei einem Lidl ein - obwohl es noch recht früh war. Aber ich fühlte mich etwas schlapp und wollte mich mit einem Fruchtjoghurt und zwei Bananen stärken. Außerdem kaufte ich noch O-Saft und Semmeln für die richtige Brotzeit.

Bald stieß ich auf die B39. Sie war wie befürchtet recht stark befahren. Ich versuchte mehrfach auf kleinere Parallelstraßen auszuweichen. Das waren aber immer nur sehr kurze Abschnitte. Nach Waldangelloch kam eine längere Steigung, die mir bei der Hitze schon arg zu schaffen machte. Hinten runter sah ich aus der Ferne die Burg Steinsberg. Ich überlegte, ob ich ihr einen kurzen Besuch abstatten sollte, entschied mich dann aber dagegen. Vielleicht hätte ich dort einen schönen Rastplatz gefunden. Das wurde nämlich langsam zum Problem.

Etwa 10km später in Kirchardt steuerte ich deshalb kurzerhand den Friedhof an. Dort fand ich tatsächlich Trinkwasser für meine inzwischen leeren Wasserflaschen. Außerdem entschloss ich mich, dort auch meine Mittagsrast im Schatten eines Baumes in einer noch ungenutzten Ecke des Friedhofs abzuhalten. Ich rechnete damit, dass irgendwer vorbei kommt und mir Vorwürfe macht von wegen Totenruhe oder so. Aber in der Mittagshitze war der Friedhof wie ausgestorben (noch ein Kalauer).

Nach der Mittagspause fuhr ich weiter und stieß gleich wieder auf die B39. Das Verkehrsaufkommen war unverändert hoch. Gerne wäre ich auf einen Radweg ausgewichen. Zuvor hatte ich immer wieder kleine grüne Pfeile gesehen, die auf die Existenz eines Radwegs hinwiesen - allerdings immer ohne weitere Hinweise, wo dieser Weg hinführt. Genauso am Ortsrand von Kirchardt. Ich versuchte anhand der Karten auf dem Garmin zu erraten, ob dieser Radweg für mich von Nutzen sein könnte. Aber Garmin half mir hier überhaupt nicht weiter. Erst am Tagesziel angekommen sollte ich am Tablet feststellen, dass das genaue der richtige Radweg gewesen wäre und ich mir dort einigen Stress gespart hätte.

Je näher ich mich Heilbronn näherte, desto stärker wurde der Verkehr. Da half auch kein Fahren auf kleinen Landes- oder Kreisstraßen. Es war zwischen 15:00 und 16:00 am Freitag Nachmittag - Rush-Hour. Irgendwann überquerte ich bei Neckarsulm den Neckar. Welch ein armseliges Rinnsal.

Neckar

Danach kämpfte ich mich hoch nach Weinsberg, Ellhofen, Willsbach und schließlich Hößlinsülz. Die Strecke war überlastet. Im Stop-n-Go bewegten sich die Autos (und Lkws) voran. Ich wusste garnicht, wie stressig das Radfahren in so einer Kolonne sein kann. Ich wollte nur noch weg. An der aufgezeichneten Route kann man gut erkennen, wie ich verzweifelt versucht habe der Hauptstraße auzuweichen. Wieder sah ich zwar grüne Pfeile, aber keine Wegweiser, wo die ausgewiesenen Radwege hinführten. Meine Versuche waren manchmal (kurzfristig) erfolgreich. Manchmal aber auch einfach nur vergebens.

Sackgasse

Erst als ich mich an die Fersen eines anderen Radfahrers heftete, kam ich zügig auf einer Radroute voran.

Um 16:40 war ich endlich bei meinem Warmshowers-Gastgeber Wolfgang in Hößlinsülz. Immerhin im prognostizierten Zeitfenster 16:00 bis 17:00. Er und seine Frau Bettina haben dort ein schickes Haus mit viel Garten drumrum. (Von sowas kann man als Münchner nur träumen.) Wolfgang hatte erst vor Kurzen selbst eine 5wöchige Radtour durch Polen, die baltischen Staaten, Finnland, Schweden und Dänemark bewältigt. Wobei er noch zwei Stufen härter ist als ich. Fährt 150km bis 200km pro Tag. Schläft oft im Zelt. Kommt ohne Frühstück aus. Wahnsinn!

Später kam ein befreundetes Paar vorbei. Ich wurde einfach in die Runde integriert. Ich fand das einen sehr sympathischen Zug. Es gab mehrere Gänge sehr leckeres Essen. Vielen Dank ihr beiden! Irgendwann gegen 23:00 musste ich wegen akuter Müdigkeit die Segel streichen. Natürlich kam ich nicht dazu, den Reisebericht des Tages zu verfassen.