40ter Tag | Abfahrt | 08:43 | Distanz | 62,82km | Hm ↑ | 385m |
30te Etappe | Ankunft | 12:08 | Insgesamt | 3210,25km | Hm ↓ | 346m |
Ich wusste, dass diese Etappe nicht sonderlich lang und auch nicht anstrengend werden würde. Trotzdem wollte ich zügig voran kommen, denn ich wollte den Nachmittag zu einem kurzen Sight-Seeing in Liverpool nutzen. Ich hab im Hotel nochmal ausgiebig gefrühstückt (u.a. mit Porridge), bevor ich mich gegen 8:40 auf den Weg machte. (Leider war die ausgesprochen nette Bedienung Clare vom Montag Morgen nicht mehr da.)
Zuerst ging’s wieder einige Kilometer direkt an Strand entlang
und dann noch etwa 2km über einen strandnahen Golfplatz. Dann allerdings musste ich auf die Küstenstraße. Anfangs hielt sich der Verkehr noch in Grenzen. Aber je weiter ich kam, desto stärker wurde der Verkehr - auch mit Lastern. Zum Glück gelang es mir immer wieder auf parallel verlaufende Straßen auszuweichen. Offensichtlich waren das in den meisten Fällen einfach der alte Verlauf der Küstenstraße, bevor dann Umgehungen gebaut wurden.
Irgend wann überquerte die Küstenstraße den Fluss Dee. Es gab sogar einen Radweg - allerdings ohne Rampen am Anfang und am Ende. Da hat irgend jemand nicht zu Ende gedacht. Die Brücke war architektonisch recht ansprechend.
Hinter der Brücke fand ich auf etwas komplizierten Wegen (ich dachte schlauer zu sein als OSMAND) auf den Radweg 568. Der führte die ersten Kilometer durch Marsch- und Heideland fernab jeglicher Straße
Einziger Negativpunkt: Mehrere Weidegatter, die vom Rad aus echt schwierig zu öffnen und noch schwieriger zu durchfahren waren, während man gleichzeitig versuchen musste das Gatter offen zu halten. Bei einem dieser Hindernisse schloss sich das Gatter schneller als gedacht und knallte seitlich an mein Rad. Ich dachte zuerst es hätte mir dabei den Anschlag für die Bowdenzüge für die Nabenschaltung verbogen. Ich war dermaßen sauer. Aber es war zum Glück nichts verbogen, sondern der Anschlag hatte sich nur verdreht. Uff!
Von da an ging’s größtenteils auf kleinen, angenehmen Straßen (ohne Steigungen) durch Siedlungsgebiet bis zum Ashburton Guesthouse in Birkenhead. Das hatte ich ausgesucht, weil es relativ günstig zum Fährhafen von Birkenhead liegt, wo am Mittwoch Vormittag meine Fähre nach Nordirland ablegt. Ich hatte mit der Besitzerin Maui (sprich Moi mit offenem O, vermutlich Koseform von Maureen) ausgemacht, dass ich auch schon mittags ankommen kann, um mir dann noch Liverpool anzusehen. Kurz nach 12:00 war ich auch schon da.
Maui war sehr freundlich und hilfsbereit und wollte unbedingt, dass ich das vollbepackte Fahrrad durch das Haus zu einem Schuppen im Garten befördere. Dabei waren drei Stufen abwärts zu bewältigen, was unsere gemeinsame Anstrengung erforderte. Später hat sie mir erzählt, dass sie Probleme mit den Knien hat und nicht schwer heben darf. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich mich geweigert und das Fahrrad zuerst entladen und dann in den Schuppen gebracht.
Sie hat mir dann auch genau erklärt, wie ich mit dem Bus direkt in die Innenstadt von Liverpool komme. Das hat hervorragend geklappt.
Zu Liverpool hatte ich überhaupt keine Erwartungen. Ich wusste, dass die Stadt schwere Zeiten durchgemacht hat und mal Kulturhauptstadt Europas war. (Das war 2008, hab ich später erfahren.) 4 Stunden bin ich bei Hitze durch die Innenstadt gelaufen. Abschließend würde ich sagen, dass Liverpool eine der Städte ist in die ich gerne wieder kommen würde mit etwas mehr Zeit. Immer wieder gibt es interessante Architektur. Die Library
mit dem World Museum. Im Hintergrund die Wellington-Säule. Das Everyman-Theater
Große Bereiche der Innenstadt sind Fußgängerzonen. Dort kann man (wenn man will) shoppen, bis man zusammenbricht. (Shop till you drop.)
Im sogenannten Georgian Quarter gibt’s Restaurants, Cafes, Pubs und Clubs zuhauf.
Der Hafen war schon immer das Herz und der wirtschaftliche Motor der Stadt. Als in den 70er und 80er Jahren durch die Einführung der Container-Schifffahrt massenweise Jobs überflüssig wurden geriet Liverpool in große Schwierigkeiten. Die Arbeitslosenquote war zeitweise die höchste in Großbritannien. Es kam 1981 sogar zu bürgerkriegsähnlichen Aufständen. Gleichzeitig wurden auch die Docks im Hafen überflüssig, weil sie für die Containerschiffe ungeeignet waren und ein neuer Containerhafen im Norden gebaut wurde. Last but not least kam es auch zu Schließungen oder Abwanderungen einiger bedeutender Betriebe (wie einer großen Zuckerfabrik). Es entstanden riesige Brachen mitten im Herzen der Stadt. (Das habe ich alles aus der kostenlosen Ausstellung zur Geschichte Liverpools im Liverpool Museum gelernt.)
Die Brachen sind inzwischen größtenteils verschwunden. Es wurden repräsentative moderne Gebäude gebaut, wie hier das Liverpool Museum
oder das Longitude Building, das offensichtlich genau so gestaltet wurde, damit sich die vorhandene klassische Architektur darin bricht.
Vorhandene Gebäude wurden restauriert, wie hier die 3 Grazien
oder die Speichergebäude am Albert-Dock. Letztere enthalten jetzt neben dem Marine Museum zahlreiche Cafes, Bars, Shops und Lofts.
Es gibt aber auch noch runtergekommene Viertel im Hafennähe. Das war nicht so toll, da durch zu streifen. Nach 4 Stunden war der Akku leer. Ich bin dann in einen Laden namens PizzaExpress - wohl so eine Franchise-Kette (ähnlich Pizza Hut). Ich wäre wohl besser zu einem gewöhnlichen Italiener oder einem der vielen asiatischen Restaurants gegangen. 24£ hat der Spaß gekostet. Das war’s nicht wert.