14ter Tag | Abfahrt | 10:40 | Distanz | 87,64km | Hm ↑ | 769m |
Ankunft | 18:00 | Insgesamt | 979,83km | Hm ↓ | 764m |
Ich hab mir also heute doch ein Fahrrad (ein Mountainbike, auf französisch VTT) ausgeliehen und bin durch das Umland von Verdun geradelt. Ist wirklich hübsch die Gegend. Bei der Gelegenheit habe ich noch zwei berüchtigte Kriegsschauplätze des 1. Weltkriegs besucht. Und am Nachmittag gab es eine große Überraschung.
Überpünktlich stand ich kurz vor 10 Uhr vor dem Atelier Cyclo und holte mir das MTB ab, das ich mir am Vortag bereits angesehen hatte. Mangels Befestigungsmöglichkeit für Packtaschen nur mit dem Billig-Rucksack, den ich eigentlich nur für Einkäufe oder Stadtbummel mitgenommen hatte. Auf den ersten Kilometern fuhr ich noch beim InterMarché vorbei und kaufte mir 2 1-Liter-Flaschen Vittel. Es war wieder heißes und schwüles Wetter angesagt.
So ging es also Richtung Mort Homme und Höhe 304, zwei völlig unscheinbare Anhöhen NWlich von Verdun, die im 1. Weltkrieg schwer umkämpft waren. Mit der Navigation und der Streckenaufzeichnung hatte ich dabei so meine Schwierigkeiten, konnte ich den Garmin nicht wie bei meinem Reiserad einfach in eine Halterung am Lenker einsetzen. Ich steckte ihn also einfach in eine Seitentasche des Rucksacks. Dabei musste ich lernen, dass er ohne Trittfrequenzsensor nicht automatisch mit der Aufzeichnung beginnt. Man muss explizit Start drücken. Deshalb fehlen die ersten 5km der Aufzeichung. Ich musste sie mit OSMAND rekonstruieren. Ein bisschen später musste ich noch lernen, dass in der Tasche auch mal versehentlich die Stop-Taste gedrückt werden kann. Man muss also zusätzlich auch von dem Gesperrt-Modus des Garmin Gebrauch machen.
Ohne permanente Sicht auf das Navi landete ich auch ganz schnell auf einem unwegsamen Feldweg (der auch noch recht steil war). Mit dem MTB war das aber kein großes Problem.
Oben am Mort Homme (zu deutsch Toter Mann) gab es das obligatorische heroische Denkmal. Ich vergaß das obligatorische Foto dazu. Interessanter war ein Lehrpfad, der erst vor ein paar Jahren von deutschen und französischen Studenten zusammen konzipiert und installiert worden war. Auf 10 Infotafeln wurden viele Aspekte des Kriegsgeschehens und der heutigen Landschaft beleuchtet. Die Tafeln waren dreisprachig (F, D, GB) und zitierten auch wo möglich Zeitzeugen. Dabei wurden die Themen ausgewogen zwischen Deutschen und Franzosen behandelt. So hätte ich mir das auch für viele ältere Infotafeln an anderen Schlachtplätzen gewünscht, die zu oft den Grundton “Wir heroischen Franzosen haben uns von den fiesen Deutschen damals nicht unterkriegen lassen” entsprechen. Die Mücken haben mich fast aufgefressen dabei… Kein Wunder, wo bei diesem feucht-heißem Wetter und bei den häufigen Gewittern die alten Granatentrichter kleine Tümpel bilden.
Danach ging’s weiter zu einer benachbarten Anhöhe Cote 304 (zu deutsch Höhe 304) nach der Höhe über N.N. Hier dachte ich daran das obligatorische Foto des obligatorischen Denkmals zu schießen.
Ansonsten gab’s nur eine Info-Tafel, die den Verlauf der Kämpfe links der Maas schilderte. Genau die gleiche Tafel hatte auch schon oben am Mort Home gestanden.
Ich hätte dort oben auch gerne Brotzeit gemacht. Leider gab es da nur eine altersschwache, moosbewachsene Bank, auf die ich mich nicht setzen wollte. Aber es stand da auch etwas von einem aire de repos in der Nähe. Leider gab es den nicht (mehr) - so wie eigentlich alles auf diesem Hügel den Anschein machte, dass da seit Jahrzehnten nichts mehr in Stand gehalten wurde.
Also fuhr ich weiter nach Malancourt und Bethincourt, zwei Dörfern, die im 1. Weltkrieg auf oder ganz nah der Frontlinie lagen und damit ausradiert, aber in diesen Fällen auch wieder aufgebaut wurden. Bethincourt war im 2. Weltkrieg auch ein Unterschlupf der örtlichen Resistance. Leider keine sympathischen Rastplätze. Etwas weiter an der Gedenkstelle für das Village detruit Forges-sur-Meuse gab es zumindest eine dieser Bank-Tisch-Kombination. Ich machte dort Rast, auch wenn sie in der prallen Sonne stand. Der Hunger war inzwischen zu groß.
Ich fuhr weiter entlang der Maas Richtung Norden (flussabwärts). Irgendwann zu diesem Zeitpunkt bekam ich einen Anruf von meinem Freund Hartmut. Er saß gerade im Auto und hatte den Plan irgendwo im Westen Deutschlands mit seinem neuen High-End-Klapp-Fahrrad eine 2tägige Radtour zu unternehmen. Im Verlauf des Gesprächs kam er mit dem Vorschlag, mich doch in Verdun zu besuchen und mit mir dort 2 Tage gemeinsam zu fahren. Quasi als Vorbereitung auf den größeren gemeinsamen Abschnitt, den wir geplant haben. Außerdem hatte mein letzter Eintrag bei ihm den Eindruck hinterlassen, dass mir ein bisschen Gesellschaft nicht schaden könnte. Da war ich baff. Ich wies ihn mehrfach darauf hin, dass er wegen mir nicht diese Riesenfahrt machen müsste. Aber nach einer Konsultation seines Navis blieb er bei dieser Entscheidung. Prognostizierte Ankunftszeit: 19:10.
Ich fuhr noch ein bisschen die Maas hinunter und versuchte dann einen Weg zurück nach Verdun entlang des Maas-Kanals zu finden. (Gut erkennbar an dem aufgezeichneten Track.) Leider gab es anfangs keinen Weg, weshalb ich ein gutes Stück auf der relativ stark befahrenen D964 fahren musste. Irgenwo dort ging mir dann auch das Wasser aus. Und es war entsetzlich heiß und schwül.
Endlich bei Champneuville gab es einen sehr neuen, sehr angenehm zu fahrenden Radweg parallel zum Maas-Kanal. Hübsch war es hier.
Vom Durst gepeinigt fuhr ich auf diesem Weg bis nach Verdun zurück. Im Lidl kaufte ich gleich eine Brotzeit für die kommenden zwei Tage ein - und dazu noch eine 2-Liter-Tüte Orangensaft. War gerade im Angebot. Die ersten 1,5 Liter goss ich sofort in mich hinein. Die restlichen 0,5 Liter eine Minuten später. Ich sagte bereits, ich hatte großen Durst.
Beim Fahrradladen vereinbarte ich, dass ich das Fahrrad auch am nächsten Tag noch ausleihen könnte und gleich mitnehmen könnte, so dass ich in der Früh weniger Aufwand hätte und früher los könnte. Im Hotel reservierte ich ein Zimmer fü Hartmut. Duschen, Klamottenwaschen. Danach hatte ich gerade mal noch 30 Minuten Zeit, um mit dem Blog-Eintrag anzufangen. Um 19:45 war Hartmut da.
Ganz stolz ist er auf sein neues Klapp-Fahrrad. Ich durfte auch eine kleine Runde zur Probe fahren. Nicht schlecht. Nachdem wir das Fahrrad im ehemaligen Restaurant des Hotels untergebracht hatten gingen wir zum Abendessen - wieder zum Inder / Pakistaner. Der Monsieur, der dort bedient ist ausgesprochen nett und spricht sogar relativ gut Deutsch. Das ist für Frankreich sehr außergewöhnlich.
Leider meldete die Meteo-France-App zu diesem Zeitpunkt regnerisches Wetter für kommenden Tag. das hatte am Morgen noch ganz anders ausgesehen. Wir werden sehen.