2018-05-28  Verdun → Douaumont

11ter TagAbfahrt08:49Distanz26,09kmHm ↑351m
 Ankunft15:44Insgesamt883,73kmHm ↓351m

Nach den Erfahrungen am Hartmannswillerkopf in den Vogesen (mir war damals die Zeit zu knapp, weil ich noch viele Kilometer vor mir hatte) habe ich mir bei den Schlachtfeldern vor Verdun einen ganzen Tag Zeit genommen. Deshalb heute nur wenige Kilometer und noch weniger Schilderungen von unsäglichen Strapazen.

Wobei: Die Anfahrt hatte es schon mal in sich. So 4% auf 5km dürften es schon gewesen sein, bis ich oben an der Nekropole von Douaumont ankam. Sie besteht aus dem Beinhaus, einem völlig überdimensionierter Art Deco Bau, in dem die Gebeine von 130.000 Gefallenen (Franzosen und Deutschen) bestattet sind und dem Soldatenfriedhof davor mit über 16.000 Gräbern. (Hier nur Franzosen.)

Beinhaus

Soldatenfriedhof

Angeblich symbolisiert die Form des Beinhauses ein in den Boden gerammtes Schwert, von dem nur noch Heft und Parierstange zu sehen sind. Vom Innenraum gibt es keine Aufnahme, weil dort Photographieren verboten war. Wahrscheinlich habe ich nun schon zu viele solche Anlagen gesehen. Ich war mäßig beeindruckt. (Außer von den 6€, die man für das Besteigen des Turms hätte bezahlen müssen. Das habe ich mir dann gespart.)

Weiter ging’s zu den Bajonettgräben, einer weiteren Gedenkstätte. An der Stelle fand man nach dem Krieg eine Reihe von aus dem Boden ragende Bajonette, weshalb schnell die Legende entstand, dass dort in einem Graben mit aufgepflanztem Bajonett stehende Soldaten bei einem Granateneinschlag in stehender Position begraben wurden und nur noch die Bajonette aus der Erde ragten. Tatsächlich waren das ‘nur’ improvisierte Soldatengräber, die man mit den Bajonetten der Begrabenen markiert hat.

Danach stattete ich dem Fort Douaumont einen Besuch ab. Von außen ist das auch alles ziemlich kaputt.

Fort Douaumont außen

Aber das Fort war so stabil, dass von den Innereien erstaunlich viel erhalten geblieben ist. Eine Tour durch das Innere mit deutschem Audio-Guide zahlte ich gern.

Fort Douaumont innen 1

Fort Douaumont innen 2

Das Fort war 4 Tage nach Beginn der deutschen Offensive auf Verdun eingenommen worden - und zwar handstreichartig, weil das Fort nur noch mit ca. 60 Franzosen besetzt war. Die Verstärkung war im allgemeinen Chaos auf französischer Seite nicht mehr bis zum Fort vorgedrungen. Für die Deutschen war das Fort monatelang ein wichtiger Stützpunkt für das Schlachtfeld davor (d.h. Richtung Verdun). Es war in dieser Zeit permanent überbesetzt und immer wieder unter schwerem Beschuss von Süden aus (also auf seine weniger befestigte Seite). Die Zustände müssen verheerend gewesen sein.

Ich besuchte auch zwei sogenannte Villages détruits: Douaumont und Fleury-devant-Douaumont. Ich dachte immer, dass solche zerstörten Dörfer eine Ansammlung von Ruinen sind. Aber da ist NICHTS mehr.

Dorf Douaumont

Dorf Fleury

Auf dem Stein auf dem zweiten Bild steht sinngemäß: Das hier war mal ein Café und Einkaufsladen.

Abschließend ging ich ins Memorial de Verdun, einem Museum und Dokumentationszentrum. Das war auch sehr interessant. Ein Video ‘Erster Weltkrieg in 5 Minuten’ erklärte ganz komprimiert, aber sehr gut den zeitlichen Ablauf und die Zusammenhänge dieses historischen Großkonflikts. Mal sehen, ob es den Film auch im Netz gibt. Auch gut: Alles war dreisprachig erklärt (Französisch, Deutsch und Englisch). In Frankreich keine Selbstverständlichkeit. Weniger gut war die zentrale Installation, die wohl die Zustände auf dem Schlachtfeld in optischer und akustischer Weise veranschaulichen sollte. Ich empfand sie hauptsächlich als eine Belästigung. Der Lärmpegel in der Ausstellung war enorm.

Danach ging’s wieder bergab ins Hotel. Ich war erstaunt, wie schwül es unten an der Maas (Meuse) war. Im Hotelzimmer nahm ich erstmal eine Dusche und ruhte mich ein bisschen aus.

Später ging ich essen. Leider hatte der von mir ins Auge gefasste Inder am Montag geschlossen (wie viele Restaurants in Frankreich). Ich bin letztlich in einem Touristenlokal am Quai gelandet. Ich saß in einer Art Wintergarten vor dem Restaurant, als ein heftiges Gewitter losbrach. Von der Fassade wurde irgend eine Reklametafel herunter gerissen und schlug krachend auf das Dach des Wintergartens. Auf dem Quai flogen die Stühle herum, eine im Boden befestigte Markise wurde umgeknickt. Es goss wie aus Eimern. Drinnen saßen die paar Gäste und sahen sich das verwundert an. Ich kam mir ein bisschen vor wie im Restaurant am Ende der Welt (Douglas Adams: Hitchhiker’s Guide to the Galaxy).

Ich bin wieder mal etwas planlos bzgl. des morgigen Tages. Nach Reims sind es 135km - mit einigen Bergen. Ich glaube, das tue ich mir nicht an. Andererseits weiß ich nicht, wie ich die Strecke sinnvoll auf zwei Etappen aufteilen soll und was ich mir unterwegs noch ansehen kann.